Wenn Demenz schwierig wird – wie Verständnis hilft, Aggression zu vermeiden
Ihr Team 24 Redaktion
17. November 2025
Wenn ein Mensch mit Demenz laut wird, schimpft oder sich körperlich wehrt, steckt dahinter fast nie „Bosheit“, sondern meist ein innerer Notruf. Statt zu fragen: „Warum ist er so aggressiv?“, hilft eine andere Perspektive: Wogegen wehrt er sich gerade? Was ist ihm zu viel, zu nah, zu schnell? Vielleicht ist die Situation beschämend, die Umgebung zu laut, der Schmerz zu stark oder die Angst zu groß.
Für Angehörige ist genau das oft schwer auszuhalten und noch schwerer zu akzeptieren. Sie erleben Beleidigungen, Ablehnung oder Angriffe von einem Menschen, den sie lieben – und reagieren verständlicherweise zunächst mit Verletzung, Ärger oder Unverständnis. Viele fragen sich: „Warum behandelt sie ausgerechnet mich so?“ oder „Er war doch früher nie so.“
Erst mit etwas Abstand wird sichtbar: Die Demenz verschiebt die inneren Koordinaten. Das Verhalten richtet sich nicht wirklich gegen Tochter, Sohn oder Partner, sondern gegen ein Gefühl der Überforderung. Diesen Unterschied zu sehen, fällt nicht leicht – doch er ist ein Schlüssel, um Aggression als Ausdruck von Not zu verstehen, statt sie nur als Kränkung zu erleben.

Die Broschüre „Ratgeber Demenz – Informationen für die häusliche Pflege von Menschen mit Demenz“ des Bundesministeriums für Gesundheit fasst Grundlagen, Alltagsstrategien und Leistungsansprüche für Angehörige verständlich zusammen.
In Deutschland leben nach aktuellen Schätzungen rund 1,8 Millionen Menschen mit Demenz. Der größte Teil wird zu Hause betreut – oft über viele Jahre durch Angehörige, unterstützt von Pflegediensten und Betreuungsangeboten.
Mit der Zahl der Betroffenen wächst auch die Zahl der Situationen, in denen Angehörige sagen:
„Früher war er ruhig – jetzt wird er plötzlich laut und aggressiv.“ oder „Sie beschimpft uns, als wären wir Feinde.“
Genau diese Spannung – Liebe, Verantwortung und plötzlich „aggressives Verhalten“ – macht den Alltag so belastend. Und sie ist der Ausgangspunkt für einen professionellen Umgang mit Demenz und einer guten Demenz Betreuung.
Demenz beginnt selten spektakulär. Häufig sind es kleine Alltagsszenen, die stutzig machen:
Typisch für beginnende Demenz ist, dass das Kurzzeitgedächtnis und die Organisation des Alltags nachlassen, während Langzeiterinnerungen oft noch erstaunlich gut funktionieren.
Wenn Termine verpasst werden, Überweisungen liegenbleiben und vertraute Wege zum Problem werden sollte man hellhörig werden und dass Problem nicht herunterspielen.
Oft versuchen auch die Partner einen Teil der Aufgaben zu übernehmen um zuhelfen und vor Peinlichkeiten zu bewahren. Hier macht eine Abklärung Sinn. Wird Demenz früh erkannt kann man zielgerichtetere Maßnahmen einleiten, um die Situation für alle Beteiligten nachvollziehbar und erträglich zu gestalten.

Ein häufig genutztes Screening-Instrument bei Verdacht auf Demenz ist der sogenannte Uhrentest. Er ersetzt keine Diagnose, bietet aber einen schnellen, pragmatischen Blick auf wichtige Fähigkeiten wie das Verstehen von Anweisungen, Planung, räumliche Orientierung und Aufmerksamkeit.
Typischer Ablauf:
Oft ist man als Laie verblüfft, wie stark die Ergebnisse von den eigenen Erwartungen abweichen. Eben noch war man sicher: „Eigentlich ist doch alles in Ordnung.“
Im Uhrentest zeigt sich dann etwas anderes: Die Zeiger werden so eingezeichnet, dass sie die vorgegebene Uhrzeit gar nicht wiedergeben (Abb. 1), oder die Zahlen sind völlig ungleichmäßig über das Zifferblatt verteilt (Abb. 2).


Es handelt sich in unseren Beispielen um typische Auffälligkeiten bei beginnender Demenz:
Wichtig: Die Recherche in Suchmaschinen wie Google, Yahoo oder Bing ersetzt keine ärztliche Einschätzung. Der Uhrentest ist ein Screening, kein Selbstdiagnose-Test. Auffälligkeiten sollten immer mit einer ärztlichen Abklärung und weiteren Tests kombiniert werden.
Zu den häufigen Begleiterscheinungen vieler Demenzformen gehören Verhaltensänderungen: Reizbarkeit, Unruhe, Misstrauen, depressive Phasen – und bei einem Teil der Betroffenen auch aggressives Verhalten.
Aggression kann sich zeigen als:
Der entscheidende Punkt für ein besseres Verständnis ist: das ungewohnt neue Verhalten ist ein Symptom der Erkrankung und keine Charakteränderung. Im Umgang mit Demenz ist es sehr hilfreich, wenn man dieses Verhalten als Botschaft und nicht als Boshaftigkeit versteht.
Fachlich spricht man heute häufig von „herausforderndem Verhalten“ statt von „schwierigen Patienten“. Die Schwierigkeit liegt meist nicht im Charakter, sondern in der Passung zwischen Situation und den Möglichkeiten des Menschen mit Demenz.
Typische Ursachen für aggressivem Verhalten sind zum Beispiel:
Statt zu fragen „Warum ist er so aggressiv?“ hilft mit Blick auf aggressive Demenz vielmehr die Frage: „Wogegen wehrt er sich gerade? Was ist ihm zu viel, zu nah, zu schnell?“
Situation 1 – Der „zornige“ Vater morgens im Bad
Der Sohn will morgens nur „schnell helfen“: ins Bad, ausziehen, waschen, anziehen – alles am Stück. Für den Sohn ein rationaler Ablauf, den er routiniert und zeiteffektiv durchziehen will. Er hat ja schließlich heute noch was anderes zu tun. Für den Vater, der nicht mehr genau versteht, was passiert, kann das aber ganz schnell zur Stresssituation werden. Er ist vollkommen überfordert, fühlt sich gehetzt und unter Druck gesetzt. Er wird laut, stößt den Sohn weg und schlägt vielleicht um sich.
Situation 2 – Auf einmal ist die Mutter, die „plötzlich böse“
Die Tochter räumt ohne Rücksprache den privaten Sekretär der Mutter auf und entsorgt alte, unwichtige Papiere. Für die Mutter wirkt das, als würde man ihr die Kontrolle nehmen. Sie beschimpft die Tochter und wird misstrauisch.
Situation 3 – Die eigentlich ruhige Seniorin, schlägt plötzlich um sich
Eine neue Betreuungskraft aus Osteuropa hilft beim Waschen. Für die Seniorin heißt das: Eine fremde Person fasst sie in ihrem eigenen Bad an – in einem Bereich, der ihr ganzes Leben lang privat war. Sie fühlt sich überrumpelt, wehrt sich heftig, schlägt und kratzt.
In jedem dieser Beispiele zeigt sich deutlich: Wer versucht die Situation aus der Perspektive der betroffenen Person zu denken, erkennt meist die Logik hinter dem Verhalten – und kann Abläufe so anpassen, dass es beim nächsten Mal ruhiger verläuft.
Hier ein paar einfache Strategien für Sie, die in vielen Situationen hilfreich sind:
So wird aus der „aggressiven Demenz“ eine konkret verstehbare Reaktion auf konkrete Auslöser – und damit gestaltbar. Gute Demenz Betreuung schützt damit sowohl die Betroffenen als auch Angehörige und Fachkräfte.
Aggression tut weh – seelisch und manchmal auch körperlich. Angehörige geraten schnell in eine Gemengelage aus Überforderung, schlechtem Gewissen und Erschöpfung.
Denken Sie stets daran. Eine Schulter ist selten stark genug, um die Last einer intensiven Betreuung alleine zu tragen. Holen Sie sich Hilfe ins Boot: Hausarzt, Pflegeberatung oder gerne auch die Pflegefachkräfte und die Pflegedienstleitung der Ihr Team 24 Pflegedienst GmbH.
In der Broschüre „Ratgeber Demenz – Informationen für die häusliche Pflege von Menschen mit Demenz“ des Bundesministeriums für Gesundheit finden Sie umfangreiche Informationen zum Thema Demenz. Hier wird verständlich erklärt:
Unser Fazit: Aggressivität bei Demenz ist fast nie echte Aggression. Viel häufiger ist sie ein Ausdruck von Überforderung, Angst, Scham oder Schmerz. Ein Hilferuf, für den die Betroffenen aufgrund ihres Krankheitsbildes keine Worte mehr finden können.
Wer diese Signale als solche erkennt, verändert automatisch den Blick: weg von der Frage „Warum ist er so böse?“ hin zu „Was überfordert sie gerade? Was möchte er mir damit sagen?“
Aus Perspektivwechsel entsteht Handlungsspielraum. Abläufe können angepasst, Situationen entschärft, Reize reduziert und Unterstützung früher geholt werden. So lassen sich Alltagssituationen Schritt für Schritt so gestalten, dass alle Beteiligten besser geschützt sind – die Menschen mit Demenz, die in einer für sie immer unübersichtlicheren Welt leben, und die Angehörigen und Fachkräfte, die sie mit viel Kraft und Herz begleiten.
Wenn Sie sich nach der Lektüre weiter informieren möchten, finden Sie hier eine kleine, bewusst ausgewählte Übersicht mit seriösen und gut verständlichen Materialien für Angehörige:
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