Zum Hauptinhalt springen

Warum die Betreuung zu Hause bei manchen harmonisch startet – und bei anderen Anlauf braucht.

Aller Anfang ist schwer.

Es gibt im Norddeutschen das Sprichwort: „Wat dem eenen sin Uhl, is dem annern sin Nachtigall“ (Hochdeutsch: „Was dem einen seine Eule ist, ist dem anderen seine Nachtigall.“)?

Das meint, dass Geschmack, Vorlieben, Bewertungen verschieden sind. Was der eine hässlich, langweilig oder störend findet (Eule), ist für den anderen schön, nützlich oder liebenswert (Nachtigall).

In diesem Beitrag wollen wir uns überwiegend aus Sicht des Kunden – also der betreuten Person und ihrer Angehörigen – mit dem ersten Eintreffen einer Betreuungskraft befassen und Ihnen ein paar Anregungen und Hilfen geben, damit der Start der Betreuung in den eigenen vier Wänden leichter gelingt.

Wir wissen, dass es ein großer Schritt ist, eine fremde Person in die eigenen vier Wände zu lassen. Gewohnheiten, Rituale und Privatsphäre stehen plötzlich mit auf dem Spiel – da kann sich schnell das Gefühl einstellen, etwas aus der Hand zu geben. Uns ist sehr wohl bewusst, dass der Start einer Betreuungskraft vor Ort nicht immer so verläuft, wie man es sich vorher ausgemalt hat – Erwartungen und Realität passen am Anfang nicht immer zusammen. Umso wichtiger ist es, dass man früh und klar anspricht, was möglich ist und was (noch) nicht – für beide Seiten.

Denn auch für die Betreuungskraft ist die Situation herausfordernd: Viele kommen aus Osteuropa, lassen für längere Zeit Familie, Partner oder Freunde zurück und arbeiten in einem völlig neuen Umfeld – mit anderer Sprache, anderen Abläufen und anderen Erwartungen. Beide Seiten gehen also den Schritt, mit einem zunächst fremden Menschen unter einem Dach zu leben. Das braucht Respekt, klare Absprachen und ein Mindestmaß an Vertrauen.

Vorbereitung ist alles – damit der erste Tag nicht knallt

Damit eine Betreuung gut starten kann, hilft es, wenn für die neuen Mitbewohner ein paar Dinge vorher geklärt sind.

  • Am wichtigsten ist ein eigener Rückzugsort für die Betreuungskraft – idealerweise ein separates, gern auch abschließbares Zimmer, in dem sie ihre Sachen unterbringen, telefonieren oder sich zurückziehen kann.
  • Bett, Bettwäsche, Handtücher und ein kleiner Schrank sollten bereitstehen.
  • Schreiben Sie den WLAN-Zugang auf oder richten einen Gastzugang ein. Viele Betreuungskräfte kommen aus Osteuropa und halten online Kontakt zur Familie – wenn das problemlos klappt, entspannt das die gesamte Situation.
  • Benennen Sie Grenzen im Haushalt: Welche Räume sind privat und sollen nicht betreten werden? Zum Beispiel das Arbeitszimmer, bestimmte Schränke oder Bereiche, in denen Wertgegenstände liegen. (Sehr hochpreisige Wertsachen und größere Mengen Bargeld sollten grundsätzlich nicht ungesichert im Haushalt von Senioren liegen).
  • Wann steht die betreute Person auf, wann gibt es Medikamente, wann kommt vielleicht der ambulante Pflegedienst, wann ist Ruhezeit?
  • Sehr bewährt hat sich, eine feste Ansprechperson zu benennen. Also nicht fünf Leute, die alle etwas anderes sagen, sondern eine Person, die Entscheidungen trifft vor allem in den ersten Tagen gut erreichbar ist. Diese Person fungiert als Vermittler, „Bescheidwisser“ und Vertrauensperson und kann Unklarheiten schnell klären. Das gibt allen Beteiligten Sicherheit.

Kurze Checkliste

  • ☐ Eigenes Zimmer / Rückzugsort eingerichtet (möglichst abschließbar)
  • ☐ Bett, Bettwäsche, Handtücher vorhanden
  • ☐ WLAN-Zugang notiert / Gastzugang eingerichtet
  • ☐ Tabu-Räume benannt/markiert (z. B. Schlafzimmer, Büro, Schränke)
  • ☐ Haus- und Badregeln erklärt (Nutzung, Sauberkeit, Rauchen)
  • ☐ Tagesplan geschrieben (Aufstehen, Essenszeiten, feste Termine)
  • ☐ Notfallkontakte bereitgelegt (Angehörige, Pflegedienst, Arzt)
  • ☐ Haushaltsgeld / Einkaufen geregelt
  • Eine feste Ansprechperson benannt
  • ☐ Wichtige Telefonnummern sind mit Deutschlandvorwahl notiert, erklärt und gut sichtbar hinterlegt

Wenn man wichtige Punkte zu Beginn freundlich klärt, gibt das Orientierung und beugt Missverständnissen vor.

Der erste Tag-die Betreuungskraft kommt an.

Der erste Tag in einem neuen Zuhause ist oft entscheidend – für Vertrauen, Zusammenarbeit und Wohlbefinden. Aber ausgerechnet bei diesem ersten Aufeinandertreffen ist die Betreuungskraft nach einer oft über 2.000 km langen Anreise mit wenig Ruhe und Schlaf meist noch nicht voll belastbar.

Eine freundliche Begrüßung schafft die Basis für eine erfolgreiche Betreuung. Denn wer sich angenommen fühlt, kann mit ganzem Herzen pflegen.

Hier ein paar hilfreiche Tipps für die ersten Stunden:

  • Ankommen lassen: 15–30 Minuten Ruhe nach Anreise (Gepäck abstellen, kurz durchatmen, Wasser/Tee/kleiner Imbiss/Obst).
  • Begrüßung & Kurzvorstellung der Familie/Bezugspersonen.
  • erstmal nur die wichtigsten Dinge besprechen, wenn möglich den Rest auf später verschieben
  • Zugänge klären: Toilette, Bad, Küche, Hilfsmittel..
  • Zeit für Fragen – beidseitig.
  • Den Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme besprechen.
  • Hilfe bei Rückfragen anbieten.
  • Klare Kommunikation & respektvoller Ton.

Ein Lächeln ist oft das einfachste und stärkste Zeichen von Wertschätzung.

Störungen kommen vor

Ankunftszeiten können sich verzögern – durch Stau, Grenzkontrollen, Pannen oder Zugausfälle. Komplexe und lange Anreisen, oft mit mehreren Verkehrsmitteln, sind schlicht nicht auf die Minute planbar – das kennen wir alle aus dem eigenen Alltag.

Manche Dinge – Pflegeintensität, Tagesrhythmus, räumliche Gegebenheiten – zeigen sich in vollem Umfang erst beim Ankommen oder in den ersten Tagen. Genau deshalb ist ein wertschätzender Empfang, ein ruhiger Moment zum Durchatmen und eine kurze, klare Abstimmung zu Beginn so wichtig. Dann kommen Erwartung und Realität viel schneller zusammen.

Sprachbarrieren können leicht zu Missverständnissen führen. Manchmal haben Betreuungskräfte die Sorge, dass bestimmte Leistungen oder Zahlungen nicht eingehalten werden, und treten deshalb anfangs mit einem ganzen „Forderungskatalog“ auf. Bitte nehmen Sie das nicht persönlich – das ist oft reine Unsicherheit.

Manchmal stimmt die Chemie nicht auf Anhieb und es prallen verschiedenen Temperamente aufeinander – das ist menschlich. „Unsympathisch“ fühlt sich unangenehm an, bedeutet aber nicht automatisch, dass der Einsatz scheitert. Wichtig ist, nüchtern zu unterscheiden: Geht es „nur“ um Stil und Auftreten (Tonfall, Smalltalk, Tempo, Ordnung), oder liegen echte No-Gos vor (Unzuverlässigkeit, grobe Respektlosigkeit, Hygiene- oder Sicherheitsprobleme)?

Bei Sympathiethemen lohnt sich eine kurze, strukturierte Klärungsphase – oft reichen wenige konkrete Anpassungen.

Bei „No-Gos“ gilt es sich zeitnah bei uns zu melden damit wir notwendige Maßnahmen einleiten können. In unserer Zentrale arbeiten erfahrene Mitarbeitende, die Unklarheiten mit den Betreuungskräften in deren Muttersprache klären können. Jedem unserer Kundinnen und Kunden steht ein persönlicher Kundenberater zur Seite, der bei organisatorischen Fragen und Problemen unterstützt.

Chemie zwischen Menschen ist kein Vertrag und auch nicht planbar – aber sie ist gestaltbar. Geben Sie dem Start Struktur, sprechen Sie Beobachtungen konkret aus und bieten Sie eine einfache Lösung an. Wenn es dennoch nicht passt, ist ein fairer, geordneter Wechsel die richtige Entscheidung.

Ein kurzer Realitätscheck

Der erste Eindruck entsteht häufig unter Stress: Anreise, neue Umgebung, hohe Erwartungshaltungen. Dazu kommt, dass die Situation vor Ort nie zu 100 % vorhersehbar ist – selbst nach sehr guten Vorgesprächen. Ein etwas „spröder“ Start hat daher oft weniger mit dem Charakter zu tun als mit Anspannung und Unsicherheit. Darum empfehlen wir ganz bewusst 48–72 Stunden „Ankommenszeit“ mit klaren, kleinen Schritten.
Wenn beide Seiten wissen, wo sie sich bewegen dürfen, was privat ist und was gemeinsam genutzt wird, wird aus „fremde Person im Haus“ viel schneller „alltagstaugliche Unterstützung und Entlastung“.

Wir sind in Notfällen selbstverständlich erreichbar und ein notwendiger Wechsel lässt sich in aller Regel kurzfristig organisieren. Aber: Am Wochenende, abends oder nachts sind sinnvolle Maßnahmen nur eingeschränkt möglich. Geben Sie der Lösung – und den Menschen – deshalb ein bisschen Zeit.

Was den Start erleichtert – und Enttäuschungen vermeidet

  • Zeitfenster statt Punktlandung planen
    Lieber „Ankunft zwischen 12:00 und 18:00 Uhr“ oder „im Laufe des Vormittags“ planen. Das nimmt Druck raus, weil lange Anreisen nie auf die Minute planbar sind.
  • Abendanreise = Light-Onboarding
    Bei später Anreise nur das Nötigste zeigen (Zimmer, Bad, Notrufnummer) und die ausführliche Übergabe auf den nächsten Tag legen.
  • Erwartungen für die ersten 1–2 Tage niedrig halten
    Die Anfangsphase ist oft von Unsicherheit auf beiden Seiten geprägt. Nicht alles muss sofort perfekt laufen.
  • Langsam und deutlich sprechen
    Kurze Sätze, klare Anweisungen, Dialekt möglichst reduzieren. Bei Bedarf aufschreiben.
  • Vertrauen wachsen lassen
    In den ersten Tagen gern etwas engmaschiger hinschauen – aber ohne das Gefühl ständiger Kontrolle zu erzeugen. „Begleiten statt überwachen“.
  • Rückfragen ermöglichen
    Sagen Sie ausdrücklich: „Wenn etwas unklar ist, frag bitte.“ Das senkt die Hemmschwelle und verhindert Forderungen aus Unsicherheit.
  • Welche Umgangsformen sind Ihnen wichtig (z. B. „Bitte klopfen vor dem Betreten“, „Kein Parfum im Schlafzimmer“, „Langsam sprechen“)?
  • Welche Vorlieben oder Einschränkungen der betreuten Person müssen unbedingt beachtet werden? Besprechen Sie mit der Betreuungskraft, was für sie ein „No-Go“ ist.
  • Welche Kommunikationswege bevorzugen Sie (Notizzettel, kurze WhatsApp-Nachricht, Kalender am Kühlschrank)? Je weniger Interpretationsspielraum, desto weniger Reibung.
  • Kontakt zum Büro sichern
    Die Nummer Ihrer Kundenberaterin /Ihres Kundenberaters bereitlegen und bei Missverständnissen lieber einmal kurz anrufen, statt sich gegenseitig zu ärgern.

Fazit

Geben Sie dem Prozess ein wenig Zeit und seien Sie zu Beginn nachsichtig mit sich selbst, Ihren Liebsten und mit der Betreuungskraft – so kann sich eine stabile, vertrauensvolle und langfristig positive Beziehung zwischen der betreuungsbedürftigen Person und der Betreuungskraft entwickeln. Und genau das wünschen wir uns ja schließlich alle.